Seit dem 11. Dezember 2023 hat sich unsere Fußballwelt ein Stück weit verändert. Nachdem der erste Anlauf in der Abstimmung noch krachend gescheitert war, haben sich die 36 Bundesligavereine im zweiten Versuch denkbar knapp mit exakt der erforderlichen ⅔-Mehrheit für den Vorschlag der Deutschen Fußball Liga entschieden, die Tore für einen Investor auf Liga-Ebene zu öffnen. Seitdem sind die Spiele bundesweit von Protesten und Spielunterbrechungen geprägt. Doch was stört an diesem Deal eigentlich konkret und wo liegen unsere Bedenken?
1. Intransparentes Abstimmungsverhalten:
Am 11.12.2023 hat sich die DFL-Mitgliederversammlung bewusst gegen ein offenes Wahlsystem ausgesprochen. Dies hat zur Folge, dass die Öffentlichkeit bis heute in Unwissenheit über das Abstimmverhalten der einzelnen Vereine gelassen wird. Ihr gutes Recht, meint ihr? Sicherlich. Doch das Beispiel von Hannover 96 zeigt die Problematik dahinter. Im Auftrag des Muttervereins wurde die H96-Geschäftsführung angewiesen, gegen eben jenen Investoren-Antrag zu stimmen. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist aber davon auszugehen, dass sich dieser Weisung entzogen wurde und stattdessen mit “dafür” gestimmt wurde. Diese einzelne Stimme hätte die Abstimmung bereits komplett kippen lassen können. Eine Ungereimtheit, die sich im Zuge des intransparenten Wahlsystems nicht abschließend klären lässt. Unserer Meinung nach, muss mindestens den jeweiligen Vereinsmitgliedern uneingeschränkt Einblick in die Vorgänge zugestanden werden. Gegenteiliges bestärkt das Misstrauen in das Abstimmverhalten der Entscheidungsträger.
2. Keine Einbindung der Vereinsmitglieder:
Durch die dünne öffentliche Informationslage und kurze Vorlaufzeit im Vorfeld der Abstimmung, entsteht unweigerlich der Eindruck, dass sich bewusst gegen eine Einbindung der Basis entschieden wurde. Die Einberufung der Mitgliederversammlung großer Vereine kommt eben nicht so einfach ohne gewissen Organisationsgrad und entsprechend vorgegebenen Fristen aus. An vielen Standorten, so auch in Fürth, kam es daher im Vorfeld weder zu Diskussionen innerhalb des eingetragenen Vereins, geschweige denn zu einem inhaltlichem Austausch mit den Fans. Wieder mal eine verpasste Chance vor Ort in konstruktive Gespräche zu gehen und für gegenseitiges Verständnis zu werben. Wie wir in Fürth im Zuge des weiterhin existenten ungerechten Verteilungsschlüssels der DFL-Gelder konkret vom geplanten Investment profitieren, ist uns daher weiterhin unklar. Vielmehr befürchten wir in dem Zuge ein weiteres finanzielles Auseinanderdriften zwischen den 36 Profiklubs.
3. Abhängigkeit und Einfluss eines Investors:
Geld heißt in unserer Welt Macht und Einfluss! Das zeigt sich in vielen Bereichen der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Zwar betont die DFL gebetsmühlenartig, dass ein Investor keinen Einfluss auf das aktive Spielgeschehen der Bundesliga nehmen wird und es entsprechend rote Linien gibt. Logisch, die erste Abstimmung war ja auch maßgeblich an diesem Punkt gescheitert. Aber leider ist unser Vertrauen gegenüber der DFL aufgrund abermaligen Wortbruchs nicht mehr existent.
Vorrangig geht es der DFL im Rahmen des Investoreneinstiegs nach eigener Aussage um neue Vermarktungswege, die das „Produkt Bundesliga“ attraktiver und gleichzeitig wertvoller für vorzugsweise neue ausländische Märkte machen. Vereinfacht gesagt, pumpt man also viel fremdes Geld in den Bereich Medien & Technik, um die Bundesliga jederzeit und überall online verfügbar zu machen. Menschen aus aller Welt, welche sich bis dato nicht groß für deutschen Fußball interessiert haben, sollen so zukünftig Bundesliga-Inhalte gewinnbringend konsumieren. Um die Menschen an sich geht es aber natürlich nicht, viel mehr erhofft man sich durch die neue Kundschaft eine Wertsteigerung und damit im Umkehrschluss höhere Gewinne beim Vertrieb der Bundesliga-Rechte.
Wie das konkret aussehen soll? Von der DFL werden wir in Sachen Umsetzung komplett im Dunkeln gelassen! Nachdem die Bundesliga aber ihr Vorbild beispielsweise in der NFL sieht, müssen wir zukünftig möglicherweise mit Spieler-Cams, Liveinterviews vom Spielfeldrand, TikTok-Videos und weiterem Technik-Schnickschnack rechnen. Erste Testläufe liefen ja teilweise in Deutschland schon ab.
Ja und wenn sich dadurch der gewünschte Erfolg aber nicht einstellt? Dann ist es sicherlich nicht ganz so abwegig, dass ein Investor auch andere Maßnahmen fordert, um den angestrebten Gewinn zu erzielen. Das eingebrachte Kapital ist dabei jedenfalls nicht das schlechteste Druckmittel, um etwaige rote Linien zu überschreiten. Ebenso wenig ist man vom emotionalen Einfluss eines Investors gefeit, wenn es um Stimmenfang bei den DFL-Vereinsvertretern geht. Wie viel Gewicht hat dann noch die Stimme der Fans und Mitglieder, welche ja in der aktuellen Entscheidung schon gegen Null tendiert?
4. Auswahl der potentiellen Investoren
Dem Präsidium der DFL wurde zwar die Freigabe zu Verhandlungen mit potentiellen Investoren gegeben, die entsprechenden Rahmenbedingungen bleiben allerdings weitgehend unklar. Die ersten Namen potentieller Kandidaten lassen jedenfalls Böses erahnen. Im Rennen sind derzeit noch CVC und Blackstone. Zu den Finanziers beider Unternehmen gehören neben teilweise dubiosen Privatpersonen ebenfalls institutionelle Anleger wie z. B. der saudi-arabische Staatsfonds PIF, der bereits direkt oder über Beteiligungen kräftig im Sportbusiness mitmischt. Es scheint so, als hätten die Verantwortlichen keine Hemmungen nach dem moralischen Desaster der WM in Katar, direkt in die nächste Misere zu rasen. Vergangene Aktionen der DFL für Gleichberechtigung und gegen Ausgrenzung verkommen so zur reinen PR-Farce. Stattdessen lautet das Credo der Deutschen Fußball Liga wohl viel mehr: „Geld vor Menschenrechten“.
Während wir in diesem Zusammenhang wenig überrascht von der DFL sind, schockiert uns die Unterstützung unserer SpVgg dafür umso mehr. Das Kleeblatt, welches sonst für aktive Inklusion, ein buntes Miteinander und klare Kante gegen Ausgrenzung steht, möchte nun aktiv beim Sportwashing des autoritären Wüstenstaats helfen?! Sind wir denn auf den Tribünen wirklich noch die einzig verbliebene moralische Stütze in diesem dreckigen Fußball-System?
„Und warum jetzt der Protest, wenn die Abstimmung doch schon durch ist?“
Natürlich nehmen auch wir in Verbindung mit den Protesten der letzten Spiele solche Stimmen wahr. Die Antwort ist daher ganz simpel, aber nicht weniger spannend.
Ja, die Abstimmung ist bereits durch und eine Wiederholung eher unwahrscheinlich. Dennoch können wir nicht akzeptieren, dass unter den genannten Sichtpunkten einfach weiter auf heile Fußballwelt gemacht wird und sich die Verantwortlichen der DFL noch als vermeintliche „Retter des deutschen Fußballs“ auf die Schulter klopfen. Wir fordern die Vereine und damit konkret unsere Spielvereinigung dazu auf, CVC und Blackstone eine klare Absage zu erteilen. Die nächste und wahrscheinlich letzte Möglichkeit hierfür bietet die wohl im März angesetzte nächste DFL-Mitgliederversammlung. Dort soll nach dem Willen der Liga mit einer Satzungsänderung auch formell der Weg für einen Investor freigemacht werden. Eine erneute Schicksals-Wahl in Bezug auf die Frage, ob sich unser Verein zu seinen eigens niedergeschriebenen Werten bekennt oder doch erneut für das saudische Geld entscheidet?! Unser Vertrauen steht auf dem Spiel, Kleeblatt!
Nein zu Investoren in der DFL!
HORIDOS 1000 ULTRAS // STRADEVIA 907 im Februar 2024